(Bild kreiert mit Word und Paint)
Hallo und ein Herzliches Willkommen auf meinem
-- BLOGREICH --
Wieder erwartet euch eine surrealistische Geschichte aus meinem Fantasiereich. Alles ist eben möglich.
AQUARIUMGEPLÄNKEL
RUHEPOL, GESPRÄCHSPARTNER ODER DOCH NUR EIN
TRAUM?
Wieder neigt sich ein arbeitsreicher Tag
dem Ende zu, und meine Wenigkeit schreit hoffnungslos nach besinnlicher Ruhe.
Verdient habe ich mir diese nun wirklich. Immerhin liegen viele Wochen extremen
Stresses hinter mir und wollen irgendwie verarbeitet werden. Hierfür steht ein
bequemer, kuscheliger Ledersessel in meiner Kemenate bereit und lädt mich
ständig ein, die psychische, als auch
physische innere Mitte wiederzufinden. Momentan liegt diese noch nicht einmal
ansatzweise in meinem desolaten Körper, weshalb ich auch ein bestimmtes Ritual hierfür
praktiziere, wenn es denn notwendig werden sollte. In besagter Kemenate steht
ein Aquarium, welches von einem länglichen, hellgrünen Leuchtstab fokussiert angestrahlt
wird. Nur dieser kleine Bereich ist wichtig für mein Ritual. Wäre meine gesamte
Räumlichkeit davon illuminiert, könnte ich nicht entspannen. Logisch. Ich
beginne mich in meinem Sessel zu räkeln und die Knochen zu sortieren. Fühlt
sich schon einmal gut an. Schaue auf das Aquarium und die vielen kleinen Zierfische,
die bedächtig darin herum dümpeln. Schleierschwänze und Guppys sind meine
bevorzugten Arten. Mein Körper wird so langsam von einem wohligen
Entspannungsgefühl gepackt, und auch die Seele zeigt sich positiv eingestimmt. Super,
so kann es weitergehen, denke ich nur
kurz, als etwas Unglaubliches geschieht.
Einer meiner zehn Schleierschwänze schießt
mit affenartiger Geschwindigkeit hinter einem grau marmorierten, gezackten
Stein hervor und drückt sein kleines, wulstiges Mäulchen gegen die dicke
Scheibe. Öffnet und schließt es rhythmisch in kurzen Abständen, so als wollte
er mir etwas mitteilen. Seine Schleierflossen klappen, gleichsam schwebend,
nach vorn und streicheln sanft das Aquariumsglas. Winkt er mir etwa zu?. Meine realistischen
Empfindungen scheinen gestört, denn die letzte Entspannungsphase setzt ein und erreicht
bald ihren Zenit. Dementsprechend sind auch die Augen nur noch halb geöffnet
oder halb zu?. Ich bin ein positiv denkender Mensch, also sind sie halb auf. Parallel
dazu vernehme ich plötzlich ein leises, wimmerndes Stimmchen, was augenscheinlich
zu den kongruenten Fischmaulbewegungen zu passen scheint. „Oh Gott, ein
jammernder Schleierschwanz!“, stoße ich, jetzt nicht mehr so entspannt, mit
ängstlicher Stimme hervor. „Hilf mir, hilf mir!“, wiederholt er stetig die Bitte,
so als würde er von etwas oder irgendjemandem verfolgt. Jedoch kann ich nichts
erkennen, was entsprechende Rückschlüsse darauf zuließe. Also versuche ich die
Halluzinationen zu verdrängen und erneut zu entspannen.
Genau in diesem Moment klopft es donnernd
an die Glasscheibe meines Aquariums und das Hämmern lässt mich erneut
hochschrecken. Diesmal sind meine Augen weit geöffnet und schauen auf einen
Guppy, der versucht, meinem Schleierschwanz Gewalt mit Fäusten anzutun. Einige
Schläge gehen daneben und landen prompt auf besagter Scheibe. „Hilf mir doch
endlich!“, winselt das Schwänzchen und blickt in meine Richtung. „Gnade, Gnade und
Respekt vor der niederen Kreatur“, redet es auf den Guppy ein, der fortwährend
auf den Schwächeren Fisch eindrischt. Der kann sich leider nicht wehren, da ihm
sein dünnes Schleierkleid keinen Schutz mehr bietet. Total zerfetzt hängt der
zarte Tüll von seinem Körper herunter und lässt ihn ärmlich aussehen. Eigentlich
sollte ich sofort aufstehen und meinem kleinen Freund zur Hilfe eilen, jedoch
versagt meine körperliche Kraft, und ich kann nur zusehen, wie mein
Schleierschwanz weiter vermöbelt wird. Ein ziemlich ungleicher Kampf nimmt letztendlich
auch bald ein Ende. Übersät von blauen Flecken sinkt mein kleiner Freund auf
den Kieselsteinboden des Aquariums und gibt keinen Laut mehr von sich. Zugedeckt
von seinem kaputten Schleierkleid wiegt ihn das Wasser hin und her. Seine
stecknadelkopfkleinen Augen an der Seite wirken leer, denn der Tod nähert sich bedächtig
auf leisen Sohlen, und führt die Seele meines Schleierschwänzchens ins große
Fischuniversum. Dort schwimmt er glücklich in aller Seelenruhe und hat sich
sogar mit einem anderen Guppy angefreundet. „Na bitte, geht doch!“.
Das Telefon klingelt schrill und
eindringlich. Ich werde abrupt von meinem Entspannungslevel gerissen und gähne
unaufhaltsam, bis sich nach einigen Sekunden mein Körper einigermaßen wach
anfühlt. Greife nur zögerlich nach dem Hörer und hebe ihn von der Gabel. „Hallo!“,
rufe ich mit harscher Stimme in die Muschel. Ein wimmerndes, leises Stimmchen
versucht sich kundzutun. „Hilf mir, hilf mir, hilf mir doch!“. Es hört sich wie
das tote Schleierschwänzchen an, denke ich und drücke den Hörer etwas dichter
an mein Ohr. „Hilf mir endlich!“. „Ein Guppy will mir wieder an die Wäsche!“, kommt
es jetzt etwas deutlicher herüber.
Ein toter Guppy, der wieder einmal nach
Rettung schreit?, frage ich mich und bin ziemlich durcheinander. Verständnislos
blicke ich auf das Aquarium, in dem meine Zierfische immer noch seelenruhig
herum dümpeln. Was läuft hier eigentlich für ein Film?, baut sich logischerweise
die nächste Frage auf. Offensichtlich hänge ich mit meinen Sinnen halb in der Realität und zur anderen Hälfte
in der Fiktion. Kann nur so sein. Wer erlöst mich nun aus diesem Zwiespalt?, bohrt
sich eine weitere Frage durch mein nicht wirklich entspanntes Gehirn. Ich kann
und will diesen Zustand einfach nicht akzeptieren und treffe einen folgeschweren
Entschluss. Das Aquarium muss verschwinden und zwar pronto rapido. Vielleicht
geht davon ein Fluch aus?. Der Verkäufer
der kleinen Zootierhandlung hat mir allerdings nichts davon erzählt, nur
einfach geschwiegen und eine satanische
Mimik dazu aufgesetzt. „Teufel noch mal, der nimmt mir dieses Teil inklusiver
Fische zurück, sonst gehe ich ihm an den Kragen“, brülle ich lauthals durch
meine Kemenate. Plötzlich vernehme ich einen Knall, der nicht von schlechten Eltern ist. Als ich in
Richtung des Aquariums blicke, ist es einfach nicht mehr vorhanden. Nur eine
riesige Wasserlache, die meinen Flokati völlig durchtränkt hat, zeugt noch von
seinem einstmaligen Vorhandensein. Selbst die Fische sind verschwunden. Ob sie
wohl alle ins große Universum geschwommen sind?. Der Fluch muss wohl offensichtlich
mit diesen Zierfischen verknüpft sein, sonst wären sie ja noch vollzählig. Nichts
Genaues weiß man.
Muss ich mir wohl oder übel ein neues Aquarium
besorgen, um weiterhin meinen illustren Entspannungsrieten frönen zu können. Aber
bitte dann ohne Fluch.
© Marlies Hanelt 22.Dezember2014