Sonntag, 12. Oktober 2014

ORALES DUETT, Surrelistische Belletristik -keine EROTIK-

                            
(Logo kreiert mit WORD)



                    WILLKOMMEN IN MEINEM
                          -BLOGREICH-

Schon wieder etwas aus meiner surrealistischen ZAUBERKISTE.

Wer kennt es nicht, wenn man sich mit seinem EGO unterhält?. 



                         Orales Duett
Ich sitze, eigentlich wie jeden Tag, an meinem antiken Schreibtisch aus Eichenholz und versuche ein Buch mit lyrischen Strophen zu lesen. Der lederne Ohrensessel, ringsherum mit Kupfernieten verziert, hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Aber, ich liebe dieses monströse Teil, welches ich passend zum Schreibtisch ausgewählt habe, innig. Habe es vor Jahren in einem antiquarischen Laden gesehen und war sofort in dieses Teil vernarrt. Sagenhaft günstige fünfzig Euro hat es mich gekostet. Seit dem steht dieser Sessel in meinem Büro und lädt zum kurzweiligen als auch längeren Entspannen ein. Eine von der Zimmerdecke bis fast auf den Schreibtisch hängende Leuchte sorgt dafür, dass sich ihr Licht auf den Text der Bücher fokussiert. Ringsherum ist fast völlige Dunkelheit. Nur der Schein dieser ebenfalls kostengünstigen Leuchte taucht mein Büro in eine sanfte, stimmungsvolle Räumlichkeit. Man muss sich in ihr einfach nur Wohl fühlen. Leider fehlt mir heute irgendwie die Konzentration, und die Gedanken schweifen ab. Demzufolge schlage ich das Buch zu, lege meine Beine auf den hölzernen Schreibtisch und lasse meine Beine von der Leuchte bescheinen.
Eingebettet in völliger Ruhe, sinniere ich über dies und das nach, als sich in diesem Moment   das Zimmerfenster, wie von Geisterhand  geführt, entriegelt und quietschend öffnet.  Da es tiefster Winter ist, strömt mir die Eiseskälte in den Nacken, bis über meinen sehr empfindlichen Schädel hinweg. Alsbald breitet sie sich im gesamten Raum aus, und mir läuft eine Gänsehaut über den Rücken, gepaart mit einem Angstgefühl in der Brustgegend. Mein Herz pocht wie wild und will mir fast zum Hals herausspringen. Es fühlt sich an, als würden Buschtrommeln nicht mehr rhythmisch schlagen. Ist das jetzt der Tod?, denke ich ängstlich und zittere am ganzen Leib. Instinktiv frage ich nach. „Wer ist da?“. Als wenn ich darauf eine Antwort bekommen würde!. Plötzlich wispert eine Stimme und jagt mir  ziemlichen Schrecken ein. „Ich bin es, dein zweites ICH“, kommt die Antwort. „Du hast mich doch gerufen oder nicht?“. „Willst dich offensichtlich mit mir unterhalten“. Ich verharre in einer längeren Körperstarre und kann erst einmal nichts sagen. Kein Sterbenswörtchen kommt über meine Lippen. Die Kehle fühlt sich wie ausgedörrt an.  Als ich mich endlich aus dieser lösen kann, stehe ich auf und drehe mich um. Es sind nur schemenhafte Konturen einer menschenähnlichen Gestalt zu erkennen, von der ein gewissen leuchten ausgeht.   
„Lass dir ruhig Zeit, denn ich kann warten“, labert es munter weiter. Die Stimme des fiktiven ICHS nimmt so langsam mein Timbre an, und es fühlt sich nach einiger Zeit irgendwie gut an. Negative Gefühle verschwinden und machen positiven Gedanken Platz. Bereit, um etwas aus dem Nähkästchen zu plaudern. „Nun leg‘ schon los, meine Gute“. „Wir Beide haben nicht mehr viel Zeit“, jammert mein zweites ICH mit weinerlicher Stimme. Jetzt beginnt es auch noch zu weinen. „Du, das brauche ich jetzt gar nicht“, entgegne ich mit vorwurfsvollem Unterton. „Mir ist aber heute nicht nach reden“, klagt es weiter. „Ist mir völlig wurscht“. „Offensichtlich habe ich dich mental gerufen, und nun solltest du auch diesem Wunsch folgen“. „Habe ich doch“, wimmert es, und voluminöse Krokodils Tränen kullern aus seinen  braunen Augen. „Weißt du was, es geht mir einfach tierisch auf die Nerven, wenn du so wie eine Tüte Mücken angibst“,  schreie ich jetzt und verziehe böse mein Gesicht. „Bitte unterlasse das“. „Ich kann derartige Fratze nicht wirklich ab“, kehrt mein zweites ICH wieder zu einem ansatzweise normalen Ton zurück.
„Weißt du was, wir können offensichtlich nur auf musikalischer Ebene miteinander gut kommunizieren“, werfe ich kurzerhand ein. „Ja, da könntest du durchaus Recht haben“, entgegnet es fröhlich. „Was schlägst du denn vor?“,  fragt mich mein zweites ICH. „Nun, du kennst doch bestimmt das Kinderlied, -Hänschen Klein, ging allein, in den weiten Wald hinein-?“, ist mein konstruktiver Tipp. Das zweite ICH beginnt daraufhin wie wahnsinnig zu kreischen und hält sich den Bauch vor Lachen. „Also dann, auf DREI, okay?“. „EINS, ZWEI, DREI“..., zähle ich, erhebe meine Stimme und träller aus vollem Hals. Mein zweites ICH macht es mir nach, und was soll ich euch sagen, es verpasst den Einsatz. Zudem verpatzt es den Text, und es hört sich irgendwie nicht nach ICH SELBST an.
„Du kannst offensichtlich auch nicht singen!“, geifer ich es an. „Verschwinde dorthin, woher du gekommen bist!“. „Trolle dich vom Acker!“.  Endlich schließt sich das Fenster, und mein Büro wird wieder etwas warm. Ruhe kehrt alsbald ein, und ich versuche mich erneut an meinen lyrischen Strophen. Da ich geistig erfrischt bin, fließen diese auch mit Tiefgang in mein Gehirn. Na bitte, geht doch…
© Marlies Hanelt 12.Oktober2014