Donnerstag, 28. August 2014

Hoppe, hoppe Pferdchen. Sechste Episode aus meinen sati(e)rischen Geschichten


                         



Hallöchen und herzlich Willkommen auf meinem Blog. Dem REICH der skurrilen Geschichten für JEDERMANN als auch FRAU. 

Es gibt Nachschub aus meinen sati(e)rischen Geschichten. Episode sechs steht in den Startlöchern und möchte von euch gelesen werden.

Diese Geschichten sollen auch nachdenklich machen. Tiere benötigen unsere ganze Aufmerksamkeit. Ihre Seelen sind genau so empfindich wie die unsrigen.






       Hoppe, hoppe, Pferdchen  
           Sechste Episode
D
ie Ränge der Pferderennbahn Hoppegarten sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Menschen mit ihren überdimensionalen, kreativen, auf höchstem Niveau angefertigten Hüten heben lasziv die goldenen Ferngläser an ihre Augen, die ebenfalls von faszinierenden Riesenbrillen geziert sind. Noch stehen die Pferde nervös nebeneinander, getrennt  durch die Holzwände der Start Box und warten darauf, dass diese hochgezogen wird. Endlich ist es soweit. Die Hengste mit den grazilen Jockeys auf ihren Rücken galoppieren los. An erster Stelle liegen momentan Botox und Apollo, zwei miteinander befreundete Tiere. Mit jeder Sekunde werden sie schneller, und ihre Körper beginnen vor Schweiß zu glänzen. Damit Botox das Rennen gewinnen soll, weil auf ihn eine hohe Gewinnpämie ausgesetzt ist, setzt Jockey Call die Lederpeitsche ein. Ununterbrochen drischt er auf das Hinterteil des Tieres ein.
Als wenn dies nicht schon schmerzhaft genug für Botox ist, nimmt Call zusätzlich die von ihm speziell entwickelten Rädchen Sporen, die der Hengst in den Leib gerammt bekommt. Blut tropft aus kleinen Wunden, für das Publikum jedoch nicht zu sehen, da es zu weit weg sitzt und die Ferngläser daran auch nichts ändern. Oder ignorieren sie es, weil diese Art von Pferdesport geil und blind macht?. Botox wird wütend und sprintet umso schneller. Natürlich, das ist ja auch der Sinn eines Rennens, aus dem Botox als Gewinner hervorgehen muss. Botox hat nicht im Mindesten Interesse an einem Sieg. Die Rennleitung bestimmt, wer siegen darf und wer nicht. Viel Geld ist notwendig, um die Rennbosse zu bestechen. Der Meistzahlende bekommt den Siegerzuschlag. Die Pferde sind nur Mittel zum Zweck.
Botox fühlt sich schon jetzt ausgelaugt, hat aber noch eine ziemliche Strecke zu bewältigen. Er versucht sich zusammenzureißen und wendet seine letzten Kräfte auf. Irgendwie schafft er es vor allen Anderen ins Ziel zu laufen. Apollo folgt als Zweiter und bleibt neben Botox stehen, nachdem Beide langsam zum Stillstand gekommen sind. Ihre Augen  sind weit geöffnet, und sie hecheln, völlig außer Atem nach Luft ringend.
Nur gut, dass ihnen jetzt der Stallbursche Jim Decken über ihre stark erhitzten Körper legt, damit sie sich nicht erkälten. Immerhin sind Pferde sehr empfindlich. Fast zärtlich greift er ihre Zügel und führt sie in die Stallboxen, um sie mit Wasser und Futter zu versorgen. Währenddessen streichelt er ihnen sanft über die Nüstern und den Nasenrücken. Jim ist ein Tierliebhaber ersten Ranges. Darum haben ihn nicht nur Botox und Apollo ins Herz geschlossen, sondern auch die anderen Rennpferde, für die er verantwortlich ist. Leider sieht das die Rennleitung etwas anders. Sie möchten nicht, dass die Tiere dermaßen verwöhnt werden. Der Tierarzt, welcher die Pferde dopt und ebenfalls bestochen ist, hält sie in Form. Die Seelen der Tiere sind ihnen definitiv egal. Nur die Leistung zählt, egal mit welchen illegalen oder legalen Mitteln. Einen Tag zuvor hat Botox eine Injektion vom Tierdoktor bekommen. Die Spritze war gefüllt mit Dimethylsulfoxid, welches die perkutane Resorption erhöhen soll. Leider ist Botox allergisch auf dieses ,,Medikament,,. Konnte oder wollte der Tierarzt das nicht wissen?.
Botox und Apollo stehen immer noch etwas echauffiert in ihren Boxen, die sich nebeneinander befinden. Plötzlich beginnt Botox zu zucken und kann sich nicht mehr auf den Beinen halten. Er sackt zusammen, kippt zur Seite und liegt auf dem mit Stroh ausgelegten Betonboden. Das dumpfe Geräusch des Aufpralls lässt Apollo aufhorchen. Instinktiv reckt er seinen Kopf über die Holztrennwand der Box, um nach seinem besten Freund zu sehen. „Himmel, Botox, stehe auf!“. „Das kannst du mir nicht antun!“. Nichts geschieht. Botox hat aufgehört zu atmen, und seine Seele schwebt bereits ins große Pferdeuniversum, auf der Suche nach einem besseren Leben, als er es hier auf der Erde hatte. Apollo realisiert in diesem Moment noch nicht die Situation. Wie versteinert steht er nur einfach da und blickt auf seinen toten Freund. Es vergehen viele Minuten, als in Apollo unsägliche Wut hochkriecht. „Diese Banditen und Mörder“, schreit er aus purer Verzweiflung. „Haben sie es endlich geschafft, dich zu töten“. „Das schreit förmlich nach Rache, für dich und alle Anderen, die schon vor dir sterben mussten“. Apollo ist so außer sich, dass er vor Hass zu zittern beginnt. „Na wartet, ich werde euch zeigen, was es bedeutet, geritten zu werden“. Mit diesem letzten Satz verlässt Apollo erhobenen Hauptes die Box und trabt majestätisch zu den Pausenräumen der Jockeys. Die haben es sich inzwischen gemütlich gemacht, trinken Sekt auf den Sieg, und dreschen einen Skat. Dieser Anblick lässt Apollo nur noch wütender werden. Was sind das nur für Sadisten, denkt er sich, und seine Pupillen beginnen sich zu verengen. „So, meine Lieben, ich rede jetzt mal Tacheles mit euch“, beginnt Apollo mit deutlich lauter, sonorer Stimme zu reden. Call blickt von seinem Skatblatt auf und glaubt seinen Ohren nicht zu trauen. „Wie kann es sein, dass du mit uns redest?“, spricht er ihn fassungslos an und schüttelt dabei verständnislos seinen Kopf. Automatisch muss Call an die Serie ,,Mr. Edd, das sprechende Pferd,, denken und beginnt darauf schallend, fast wiehernd, zu lachen. „Passe nur auf, du widerliches Subjekt“, blökt Apollo weiter. „Du wirst mit mir in die Stallungen kommen“. „Ich lege dir das Zaumzeug um und werde den Sattel auf deinen Buckel packen“. „Auf geht’s, bewege deinen Arsch und beeile dich“. „Das Rennen musst du gewinnen, sonst geht es dir schlecht“.
Apollo stupst Call vom Stuhl und schiebt ihn vor sich her, bis sich Beide in den Stallungen befinden. Call wird von Apollo aufgezäumt und muss sich gefallen lassen, dass er noch den Sattel auf seinen Rücken geschmissen bekommt. „So, das hätten wir geschafft“. „Das Pferdchen ist bereit für ein phänomenales Rennen“. Apollo setzt ein verschmitztes Lächeln auf und treibt Call zur Rennbahn. „So, mein Lieber, jetzt werde ich dich besteigen, und du rennst um dein Leben, bis ihr dir sage, dass es genug ist“. Zu dem illustren Rennen kommt es jedoch nicht mehr, da Call schon vorher unter dem Gewicht von Apollo zusammensackt, der auf ihm zum Liegen kommt. Jetzt ist Call platt wie eine Briefmarke und mausetot. Seine Seele ist nun im Universum bei Botox. Wird er ihn da auch drangsalieren?.
Apollo richtet sich auf, steht erhaben und triumphierend auf seinen vier Beinen. Er blickt siegessicher auf Call hinunter und reibt sich seine zwei Vorderhufe. Apollo hat nur das getan, was er tun musste. Rache für Botox. Mit einer gewissen Zufriedenheit schreitet er zu seiner Box, um sich erst einmal zu stärken.
Nachwort
Was du willst, das man dir nicht tu‘, füg‘ auch keinem Anderen zu.
© Marlies Hanelt 28.August2014